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Noch ein wenig weiter nordwärts.

Ach wie schön das Leben doch sein kann, dachte sich Finbar als er am Strand saß. Er genoss diese Spaziergänge unendlich und an manchen Tagen konnte er gar nicht glauben, dass er nun wirklich hier zu hause war.

Das Bardezimmer hatte er hinter sich gelassen, stattdessen werkelt er jetzt in seinem Deichstall vor sich hin. Lindi, die treuste Seele und weltbeste Produktionsassistentin war echt zufrieden mit ihm. Lindgren von Bullerbü, so hieß Lindi nämlich mit vollem Namen, hatte ein ganz besonders Auge auf ihn. Das war vom ersten Tag ihres Kennenlernen weg schon so. Die beiden hatten sich gesehen und gefunden. Naja, gut, ein wenig nachgeholfen hatte Herr Bud damals schon. Vielleicht erinnert ihr euch ja noch an unseren Regenbogenhund. Also Herr Bud hatte damals dafür gesorgt, dass Lindi und Finbar sich trafen irgendwo zehn Meter hinterm Haus am See muss das gewesen sein, oder vielleicht war es auch in Panama, egal, spielt ja keine Rolle.

Finbar war ganz vernarrt in das damals noch kleine Fräulein von Bullerbü und so hörte man ihn oft fröhlich singend durch die Gegend ziehen, Finbar musste ja alles zu Musik machen….und so war es kein Wunder, dass irgendwann laut über den Hof schallte „Lindgren mag den Duft von Geranien, Hortensien, Lindgren ist mein Mädchen aus dem fernen Bernhardinien“. Lindi amüsierte sich königlich, vor allem,weil Finbar neben dem Singen immer lustige Sachen machte, er kugelte mit ihr am Boden herum und außerdem zupfte er auf so einem Ding rum, da kamen dann auch noch Töne raus. So gern wie die beiden sich hatten, war es klar, dass sie von nun an alles gemeinsam machten. „Kannste ja gleich auch meine Produktionsassistentin werden“, meinte Finbar und Lindl fand die Idee auch sofort gut, so wurden sie ein eingespieltes Team. Aber jetzt wollt ihr ja bestimmt noch wissen, wie Finbar in den Norden kam.

Eines Tages war Lindi mit Finbar unterwegs. Finbar war irgendwie anders. Sehr nachdenklich sagte er plötzlich, „Nicht mein Tag“. Lindgren sah ihn von der Seite an und meinte, „komm lass uns Tachles reden, was ist los?“ Da erzählte Finbar ihr von seiner Sehnsucht, von seinem Traum endlich nordwärts zu ziehen. Am liebsten auf eine kleine Insel, mitten im Meer. So kam es nach vielen Gesprächen eben, dass Finbar gemeinsam mit seiner schönen Schwedin das Bardezimmer ausräumte und mit all den Seinen nordwärts zog. Naja, nicht ganz mit all den Seinen, er konnte ja nicht alle Verwandten und Freunde mitnehmen, aber die Sehnsucht nach dem Meer war einfach größer als die Angst vor den Abschieden und außerdem sooooo weit aus der Welt würde er ja nicht sein.

Lindi freute sich auch sehr über die neue Umgebung. Hobo, der Produktionsassistenten Stellvertreter war auch gar nicht mal so ungeschickt und lernte schnell und darüber war Lindgren froh, denn im Gegensatz zu den anderen wusste sie bereits, dass sie nicht all zu lange auf der Insel bleiben würde und der Moment kommen würde, wo sie die Karawane verlassen würde. Es lag ihr sehr im Magen, da sie ja wusste, dass Finbar sehr an ihr hing und gerade auch mit seiner schönen Schwedin war es so wunderbar. Aber es nutzte nix, sie hatte mit Herrn Bud vereinbart, dass noch ein weiterer Frühling auf der Insel okay ging, aber dass es dann Zeit wurde. Eines Abends ging sie mit Finbar noch am Strand entlang und beide setzten sich nieder, weil sie sich einfach an der Natur nicht sattsehen konnten. „Wie das Mondlicht sich im Meer bricht, es kann so stille hier sein“, meinte Finbar. Lindgren antwortete nicht. Nachdenklich saß sie da und schaute auf das sich im Wasser spiegelnde Mondlicht. Finbar stupste sie an. „Hey, du sagst ja gar nichts“, meinte er. Die Produktionsassistentin rutschte ganz nah an Finbar ran und begann nach einem tiefen Seufzer zu erzählen. Davon, dass sie weg musste, nicht sofort, aber doch in absehbarer Zeit. Davon, dass sie gerne bliebe, aber dass das bei ihr halt auch ein wenig so wie bei Mary Poppins sei, sie würde auch noch woanders gebraucht.

Finbar wurde ganz schummerig vor Augen, verdammt, so ein Gespräch hatte er doch damals auch mit Bud geführt, das kann doch nicht sein, dass das schon wieder los ging. Aber gut, zumindest hatte Lindgren gesagt, sie müsse nicht sofort los. Das tröstete ihn in dem Moment ein wenig. Zögernd fragte er nach einer Weile Lindl, wo sie denn vor hätte hinzugehen. Noch ein Stück weiter nordwärts, meinte sie nur. „Hm, das ist schön“, antwortete Finbar, „Nordwärts ist gut, ich kenn keinen schöneren Ort“. „Dann lass uns jetzt nach Hause gehen“, meinte Lindgren, doch Finbar antwortete ihr, er würde gern hier sitzen bleiben bis zum Morgen und ein wenig voraus- und nachdenken. Die kluge kleine Produktionsassistentin spürte, dass Finbar einfach ein wenig Zeit brauchte und so trottete sie alleine zurück zum Deichstall.

Viel ging Finbar noch durch den Kopf in dieser Nacht, er überlegte hin, er überlegte her und ein paar Tränen vergoss er sicherlich auch, denn so eine wunderbar treue Seele wie Lindgren von Bullerbü kann man nicht so leicht ziehen lassen, auch wenn man weiß, dass der Abschied naht. Lindgren hatte in der Zwischenzeit zuhause alles mit Hobo besprochen, sie hatte ihm auch gleich noch die allerwichtigsten Sachen gezeigt, die man so als eventueller Produktionsassistenten Nachfolger wissen muss und ein paar kleine Geheimnisse, die nur Finbar und sie kannten, hat sie ihm auch anvertraut. Dass Hobo darüber mächtig stolz war könnt ihr euch denken.Er versprach Lindgren, er würde echt sein Bestes geben.

Als Finbar nach Hause kam und Lindl sah, dass er lächelte, war sie unglaublich erleichtert. Finbar kam auf sie zu und nahm sie ganz fest in den Arm. „Ich will dich zwar nicht gehen lassen, aber ich versteh dich und ich freu mich, dass du noch ein wenig hierbleiben kannst. Du warst an meiner Seite, du hast mir geholfen, meinen Traum von Nordwärts zu verwirklichen und ohne dich hätte ich das alles nie geschafft. Aus mir ist ein echter Reetpoet geworden und dafür werde ich dir immer dankbar sein, das werde ich immer im Herzen haben, auch wenn du nicht mehr da bist.“ Finbar und Lindi setzten sich mit der gesamten Karawane zusammen und besprachen alles. Die schöne Schwedin war auch furchtbar traurig, als sie hörte, dass Lindgren nicht mehr lange hier sein würde. Gemeinsam wollten sie die Zeit noch genießen und sich so gut es ging auf den Abschied vorbereiten.

Ihr könnt euch jetzt bestimmt vorstellen, dass es dann, als es soweit war, alles andere als einfach war, Abschied zu nehmen . Finbar war unendlich traurig und auch Lindi musste ein paar Mal sehr schlucken und der schönen Schwedin war auch unendlich schwer ums Herz.. Aber sie dachten alle an Herrn Bud, der hatte ja immer wieder gesagt, dass, egal was kommt, es immer wieder gut werden würde. Und darauf vertrauten nun beide. Finbar machte einen langen Spaziergang am Meer und dachte, die Sehnsucht nach Lindgren und Herrn Bud würde ihn zerreißen. Da drehte er sich um uns sah beide weit hinten am Horizont über den Strand tollen. Lindgren winkte und meinte ein letztes Mal: „Siehst du, wir sind doch gar nicht so weit weg von dir, wir bleiben immer in deinem Herzen und in deiner Karawane“. Finbar wischte seine Tränen ab und ging mit einem Lächeln nach Hause, wo Hobo schon ganz ungeduldig auf ihn wartete. „Hey, Alter, es gibt Arbeit…“, meinte er zu Finbar und die beiden verschwanden im Deichstall.

Wir wünschen Finbar und Hobo, dass das Meer sie immer wieder an die erinnert, die sie lieb haben und dass die beiden noch jede Menge feiner Lieder miteinander finden werden über die sie sich mit der schönen Schwedin und vielen Menschen freuen werden.

Lindgren von Bullerbü